Krieg und Heimat
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Irak
3.) BA-MA, ZA 1 / 2257, „Die deutsche Ausnutzung der arabischen  Eingeborenenbewegung im Zweiten Weltkrieg“ (P-207), Teil II (Warlimont), S. 178–181.
Vorbemerkung: Es versteht sich von selbst, dass der hier wiedergegebene Textauszug nicht in erster Linie als ‚Tatsachenbericht’ über die historischen Verhältnisse angesehen werden kann, obwohl durchaus ein hohes Potenzial an Sachlichkeit unterstellt werden kann. Interessant sind die Ausführungen vor allem deshalb, weil sie den Kenntnisstand und vor allem die Einschätzungen der deutschen Protagonisten wiedergeben. „Die    Gründe,    die    eine    Ausnutzung    der    arabischen    Freiheitsbewegung    während    des zweiten Weltkrieges verhindert haben <…>: Eine    kritische    Zusammenfassung,    von    der    OKW-Ebene    aus    gesehen,    führt    vor    allem anderen    zu    der    Erkenntnis,    dass    der    deutschen    militärischen    Führung    die    operativen Voraussetzungen    vorenthalten    geblieben    sind,    um    die    in    der    arabischen    Bewegung ruhenden   Kräfte   zu   wecken   und   zu   fördern,   geschweige   denn,   sie   nachhaltig   auszunutzen. Wo    aber    wie    im    Irak    und    in    Syrien    der    Versuch    gemacht    wurde,    ohne    diese Voraussetzungen   unmittelbar   einzugreifen,   erwiesen   sich   die   Mittel   an   sich   und   besonders im Verhältnis zu denen des britischen Gegenspielers als völlig unzulänglich. In     einer     für     den     Verfasser     nicht     klar     übersehbaren     Wechselwirkung     zu     diesen Grundtatsachen     steht     die     Erkenntnis,     dass     die     arabische     Eingeborenenbewegung während   des   zweiten   Weltkrieges,   abgesehen   von   der   kurzen   Zeitspanne   im   Irak   und   vom [sic!]   Irak,   zu   keiner   Zeit   und   an   keiner   Stelle   sichtbare   Formen   erreicht   hat.   Insbesondere hat   es   den   Arabern   wohl   an   Führern   und   auch   an   Waffen   gefehlt.   Bei   dieser   Feststellung soll   jedoch   nicht   verkannt   werden,   dass   nach   vielfachen   Berichten   und   auch   eigenen Erfahrungen    nicht    nur    allenthalben    in    den    arabischen    Ländern    die    schon    aus    der kaiserlichen    deutschen    Zeit    bekannt    Hinneigung    zu    Deutschland    und    den    Deutschen bestand   und   höchstwahrscheinlich   auch   noch   fortbesteht,   sondern   dass   auch   an   vielen Stellen    eine    oft    bekundete    Bereitschaft    vorhanden    war,    an    der    deutschen    Seite    zu kämpfen. Von   den   übrigen   Gründen   für   Versagen   und   Misserfolg   sei   aus   dem   politischen   Bereich noch    einmal    die    ständige    Rücksichtnahme    auf    Italien    als    hemmend    und    hinderlich hervorgehoben.   Auch   die   deutsch-französische   ‚Collaboration’,   die   sich   für   die   dem   Irak gewährte,   wenn   auch   sehr   geringfügige   deutsche   Unterstützung   zunächst   als   förderlich erwies,    musste    auf    die    Dauer    allen    der    arabischen    Freiheitsbewegung    geltenden deutschen   Massnahmen   entgegenarbeiten,   die   sich   auf   die   Haltung   der   Araber   und   Berber in    Französisch    Nordafrika    auswirken    konnten.    Dies    hatte    auch    der    Gesandte    Rahn erkannt,   als   er   schon   im   Endstadium   des   Kampfes   um   Syrien   die   Frage   aufgeworfen   hatte: … „oder erleichtert es künftige Lösung arabischer Franzosen völlig ausgeschaltet?“<…> Ganz   allgemein   fehlten   der   deutschen   Aussenpolitik   gegenüber   den   arabischen   Ländern aber    auch    die    Erfahrung,    das    Geschick    und    die    Stetigkeit    der    Angelsachsen,    ganz abgesehen   von   den   gegensätzlichen   Strömungen,   die   nach   verschiedenen   Anzeichen   und Berichten      innerhalb      des      Auswärtigen      Amts      zu      der      den      Arabern      gegenüber einzuschlagenden Politik bestanden zu haben.1 Die   militärischen   Pläne   und   Massnahmen   haben   besonders   darunter   gelitten,   dass   ihnen durchweg   geeignet   gelegene,   feste   Stützpunkt   im   arabisch   besiedelten   Gebiet   fehlten.   Wo deutsche   Truppen   diesen   Räumen   vorübergehend   nahe   kamen   oder   gar   für   kurze   Zeit darin    eindrangen,    erwies    es    sich    mit    aller    Klarheit,    dass    erst    im    Kriege    gewonnene Stellungen   oder   gar   schnelle   Improvisationen   wie   im   Irak   der   seit   Jahrzehnten   festgefügten englischen   Militärherrschaft   in   diesen   Gebieten   nicht   entfernt   gewachsen   waren.   Fehlten überdies    deutsche    Seestreitkräfte    im    Mittelmeer    fast    gänzlich,    so    zeigt    sich    auch    die deutsche   Luftwaffe   in   jenen   kontinentfernen   Räumen   selbst   1941   schon   Mängeln   der Bodenorganisation   und   der   Reichweiten,   der   Verbindungen   und   des   Nachschubs   als   stark unterlegen.   Es   kann   aber   schliesslich   auch   nicht   verkannt   werden   dass   sich,   abgesehen vielleicht   vom   Iran,   kein   deutscher   ‚Lawrence’   gefunden   hat,   der   aus   eigener   Kenntnis   und Kraft der grossen Aufgabe gewachsen gewesen wäre.“