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Irak
BA-MA, RH 24-68/5, Sonderstab „F“, Anlage 6 zu Nr. 1086/41 g.K. v. 22.8.1941.
Vorbemerkung: Es versteht sich von selbst, dass der hier wiedergegebene Textauszug
nicht in erster Linie als ‚Tatsachenbericht’ über die historischen Verhältnisse angesehen
werden kann, obwohl durchaus ein hohes Potenzial an Sachlichkeit im Detail unterstellt
werden kann. Interessant sind die Ausführungen vor allem deshalb, weil sie den
Kenntnisstand und vor allem die Einschätzungen der deutschen Protagonisten
wiedergeben.
Bezüglich der Hintergrundinformationen zu den Stämmen ist anzumerken, dass ein
vollständiger Anmerkungsapparat an dieser Stelle aus Zeit- und Platzgründen
vollkommen unmöglich ist. Dies muss einer ausführlicheren Bearbeitung in Druckform
vorbehalten bleiben. Einstweilen ist an dieser Stelle vor allem auch die Wiedergabe der
allgemeinen Charakterisierungen und Einschätzungen wichtig. Es bleibt insgesamt
ohnehin zu fragen, inwieweit ethnologische Details in geschichtswissenschaftlichen
Darstellungen wiedergegeben werden sollen. Hier ist ein interdisziplinärer Dialog
vonnöten.
„Die Stämme im syrisch-irakisch-palästinensischen Raum und in den anliegenden
Randgebieten.
<…>
A.) Gesamtübersicht.
I.) Die Einteilung der Araber nach ihrer Lebensweise.
Die Araber in Syrien und im Irak sind nach ihrer Lebensweise wie folgt einzuteilen:
1.) sesshafte Stämme: Bewohner der kleinen Städte und Dörfer, Handwerker und
Bauern (Fellachen). Sie entstammen den alten arabischen Stämmen, sind jedoch in den
Randgebieten mit ausländischen Elementen vermischt.
Hauptcharakterzüge: Unabhängigkeitsdrang, Mut, Unbeschwertheit, Abneigung gegen
harte körperliche Arbeit. Nicht beurteilt sind die führenden Schichten in den grossen
Städten, die minderwertig und ohne innere Haltung sind und deren Hauptbestreben die
Nachahmung europäischer Zivilisation ist (sogen. Effendi-Typen).
2.) Halbsesshafte Stämme: Bewohner der Dörfer, treiben neben Ackerbau auch
Viehzucht, bilden den grössten Teil der arabischen Stämme. Jeder Stamm hat sein von
ihm bebautes Schutzgebiet. Stammesgefühl und Bindung an die alten Sitten sind infolge
Vermischung mit sesshaften Stämmen meist gelockert. Mangel an Mut, selbst
Abneigung gegen Ausführung von Überfällen.
3.) Beduinenstämme: Zeltbewohner, ihre Aufenthaltsgebiete ändern sich je nach
Jahreszeit, Wasserverhältnissen und Weidemöglichkeiten.
Sie sind kriegerisch veranlagt, dem jeweiligen Freund persönlich treu ergeben und von
stark ausgeprägter Gastfreundschaft. Sie neigen zu Aufständen, die sie aber meist nur
kurze Zeit durchhalten. Ihr Hauptwert liegt in ihrer ausgezeichneten, durch ständiges
Umherziehen erworbenen Geländekenntnis, die sie zum Erreichen beschränkter Erfolge
auch gegen einen an Zahl und Bewaffnung überlegenen Gegner befähigt.
II.) Bevölkerungsverteilung:
1.) Syrien
Der gesamtsyrische Raum (Franz.Syrien, Palästina und Transjordanien) zählt 4,7 Mill.
Einwohner. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte beträgt 18 Köpfe auf den qkm.
<…>
Als geschlossene Volksgruppen treten auf:
Araber (rd. ¾ der Bevölkerung),
Türken in Nordsyrien, vor allem im türkischen Sandschak von Alexandrette,
Armenier, Kurden, Tscherkessen, Turkmenen, Tataren im nordsyrischen Grenzgebiet,
Juden in der palästinensischen Küstenebene, in der Ebene Jesreel, im Tiberiasgebiet,
Europäer in den Städten und in geschlossenen ländlichen Siedlungsgebieten (z.B.
deutsche Kolonisationsgebiete bei Haifa).
2.) Irak
Gesamtbevölkerung nach britischen Angaben etwa 4 Mill., nach letzter irakischer
Schätzung von 1935 etwa 2,9 Mill, davon 2,1 Mill. Araber, 0,4 Mill. Kurden, der Rest
Türken, Juden Iraner, Yazidis, Sabäer, Inder und Europäer. Weitere Unterlagen über
Irak liegen noch nicht vor.
III.) Allgemeine Beurteilung.
Die Araber sind im gesamten Raum zahlenmäßig das vorherrschende Element.
Sie zeigen – auch nach britischem Urteil – alle Fehler und guten Eigenschaft einer
primitiven Rasse von willkürlicher, durch Gesetze nur lose gebundener Lebensweise:
Gastfreundschaft und Begehrlichkeit, Tapferkeit und Neigung zum Verrat,
Empfindsamkeit und Grausamkeit. Militärdienst ist nicht beliebt. Es ist daher
unwahrscheinlich, dass einheimische oder fremde Heere mit den angeworbenen
Arabern das beste Material erfasst haben.
Eine Ausnahme bilden die die Drusen (vgl. B) I.)1.)).
Der sesshafte Araber ist – auch trotz der zahlreichen Stammeskriege – nicht gewohnt,
schwere Verluste zu ertragen. An kriegerischen Eigenschaften ist ihm der Beduine
überlegen. Er ist, besonders zu Pferde, ein gewandter Wüstenkrieger, wenn auch kein
brauchbarer Soldat im europäischen Sinne. Für planmässige Gefechtsführung und
Nahkampf ist er ungeeignet. Sein Gebiet ist der Guerillakrieg, der Antrieb dabei allein die
Beute. Bei Rückschlägen ist die Auflösung ebenso sicher, wie beim Beutemachen.
Politisch sind die Araber völlig unzuverlässig. Sie sind stets bereit, zu der gewinnenden
Seite überzugehen, wo sie die beste Gelegenheit zu Plünderungen und persönlicher
Bereicherung zu finden hoffen. Es ist nicht sicher, dass sie ihren Scheichs stets folgen.
<…>
B.) Stämme in Syrien
I.) Sesshafte Stämme
1.) Drusen:
Sie bewohnen das Gebiet des Djebel Druz in Südsyrien, den Djebel es Zawiye zwischen
Aleppo und Hama und Teile des Libanongebirges.
a) Djebel Druz:
Unterstämme: Die Awanara im Norden, die Halbiya und kleinere Drusentstämme im
Süden des Djebel.
Hauptstamm: 7000 Köpfe (wahrscheinlich sind hier nur die Bewaffneten gerechnet),
zahlreiche Scheichtümer, davon das wichtigste das der Tschirchan, dem Sultan Pascha
al Atrasch und Emir Hassan al Atrsch, der Gouverneur des Djebel, entstammen.
Die Drusen sind bewährte Krieger von opferbereitem Stammesbewusstsein. Viele von
ihnen haben freiwillig im französischen Heer gedient. Im Aufstand 1925, wo sie unter
Führung des Sultans al Atrasch im Djebel Druz 3 – 4000 Franzosen vernichteten, und in
späteren Aufständen bewiesen sie ihre Fähigkeit, auch einem europäischen Gegner
gegenüberzutreten.
Al Atrasch ist heute franzosenfreundlich.
<…>
b) Djebel ez Zawiye:
Das Stammesgebiet erstreckt sich von Aleppo bis Hama.
Bauern. Zahlenmässige Stärke des Stammes und Stammesführer noch nicht bekannt.
Dieser Drusenstamm ist sehr tapfer, er führte zahlreiche Aufstände gegen die Franzosen
durch (1920/21 bewaffneter Aufstand unter Ibrahim Hanaun, 1926 syrischer Aufstand mit
schweren franzöischen Verlusten).
<…>
c) Libanon:
Mehrere Unterstämme im Libanongebirge. Zahl, Bewaffnung und Stammesführer noch
nicht bekannt. Einflussreiche Persönlichkeiten in diesem Raum sind:
Schakib Arsan: politischer Publizist, Vorkämpfer für islamische Interessen, Frankreich-
Gegner, bisher deutschfreundlich. Er wirkte im Völkerbund für den Islam, hat Einfluss auf
Ibn Saud, den er in jedem Jahr längere Zeit besucht.
Adel Arslan: Bruder des Schaki, früher Präfekt im Libanon, gehörte zur Umgebung des
späteren irakischen Königs Emir Faisal, Frankreich-Gegner, an allen syrischen
Aufständen aktiv beteiligt. Veranlasste 1925 – 27 bewaffneten Aufstand der Drusen und
Mohammedaner des Libanon und der Kekaa, führte die Aufständischen in Hermon, in
Damaskus und im Djebel Druz.
2.) Der Stamm Hadidiyn:
Er bewohnt das Gebiet südlich Maarret en Numan und ostwärts der Eisenbahnlinie
Damaskus, Aleppo. Kopfzahl: 5000, davon ein grosser Teil beritten und bewaffnet.
Viehzüchter. Führer: Scheich Mawaaf as Salich, unter dessen Führung der Stamm in
ständigem Streit mit dem benachbarten Mawali-Stamm (vgl. ).) 3.)) liegt.
Unterwarf sich kampflos den Franzosen.
Wichtige Objekte im Siedlungsraum:
Strasse Aleppo, Maarret en Numan, Hama Homs, Damaskus (<...>) und Eisenbahn
Aleppo, Hama, Homs (Vgl. Abschnitt II. Seite 51).
3.) Der Stamm Mawali: (Iamara-Stamm):
Er bewohn das Maarret-Gebiet und den südlich anschliessenden Raum bis Hama.
Kopfzahl nicht bekannt. Führer: Scheich Emir Schajisch.
Tapfere Krieger, erhoben sich 1922/23 gegen die Franzosen, nahmen 1925 am Kampf
Fauzi Kautsis teil.
<…>
4.) Der Stamm Al Schubur:
Er siedelt beiderseits des Chabur. Kopfzahl: 5000 in Syrien mehr als 5000 im Irak.
Reiche, friedliebende Bauern und Viehzüchter. Bündnis mit benachbarten Agedat-
Stämmen, Feindschaft mit dem Schammar-Stamm.
5.) Der Stamm Agedat:
Das Stammesgebiet erstreckt sich längs des Euphrat von Deir ez Zor bis Abu Kemal.
Kopfzahl: 12000, davon 4000 gering bewaffnet. Führer: Scheich Mischrif al Dandal, von
den Franzosen vertrieben. Vertreter: Scheich Dschad an al Haffil. Tapfere Krieger,
davon viele im französischen Heer ausgebildet. Aufstände gegen Franzosen und Briten.
Sie vertrieben 1920 die Briten aus Deir ez Zor. Einige Stammesangehörige waren
Mitkämpfer von Fauzi Kautsi.
<…>
6.) Der Stamm Bakkara:
Er bewohnt den Djebel Abdul Aziz und Umgebung. Kopfzahl: 7000, davon 3000
bewaffnet. Reiche in Dörfern wohnende Viehzüchter. Tapferkeit und
Stammesbewusstsein gering. Der Djebel Abdul Aziz beherrscht das Flachland zwischen
Euphrat und Chabur und der türkischen Grenze.
II.) Nomaden:
1.) Der Stamm Al Ghajjas:
Er bewohnt die unwegsamen Gebiete nördlich und ostwärts des Djebel Druz. Kopfzahl:
1000, davon 600 bewaffnet. Führer: Scheich Halaf al Ni’Er. Stammesbewusst, ein
Freund Fauzi Kautsi’s.
Tapfere Krieger, 1925 Zusammenstösse mit Franzosen.
<…>
2.) Der Stamm Ruwallah:
Er gehört, wie die nachfolgend erwähnten Stämme der Fedan und Sibaa, zu dem Stamm
der Anisa-Beduinen. Er bewohnt einen ostwärts Damaskus gelegenen Raum, die
meisten Sippen leben während des Winters in Transjordanien und im Nedschd.
Kopfzahl: 16000, davon mehr als die Hälfte bewaffnet. Führer Scheich Nuri Schalan,
mächtig, im Stamme verhasst, Franzosenfreund. Zwei seiner Schwestern sind mit Ibn
Saud und dessen Sohn Emir Feisal verheiratet. Die Macht im Stamme liegt bei seinem
Enkel. Reichster Scheich: Fauwaz, unterhält Handelsbeziehungen mit Ägypten, Nedschd
und Transjordanien.
3.) Die Fedan-Stämme:
Sie bewohnen das Gebiet nördlich Aleppo, Teile wandern bis zur irakischen Grenze;
Kopfzahl: 10000, davon 4000 bewaffnet, von denen einige Angehörige des
französischen Heeres oder der Wüstenpolizei waren. Führer: Scheich Midschim Ibn
Mhiyyat,bekannter Beduinen-Schiedsrichter. Die Macht im Stamme übt sein Sohn Nuri
Ibn Mhiyyat aus, der stammesbewusst und politisch anpassungsfähig ist. Er ist ein
Freund Fauzi Kautsis.
<…>
4.) Der Sibaa-Stamm:
Schutzgebiet: Mittelsyrien. Kopfzahl: 7000, davon 3000 bewaffnet, von denen einige in
der französischen Wüstenpolizei gedient haben. Führer: Scheich Sali Ibn Hdeib, wenig
Einfluss. Wortführer des Stammes: Scheich Rakkan al Murschid aus Qumassa, der in
der Nähe von Palmyra wohnt. Hat sich gegenüber Fauzi Kautsi verpflichtet, gegen die
Briten zu kämpfen.
<…>
5.) Der Schammar-Stamm:
Er gehört zu dem Hauptstamm der im Irak lebenden Schammar. Schutzgebiet:
Nordostsyrien, an der syrisch-irakischen Grenze. Kopfzahl: 7000, davon 4000 bewaffnet.
Führer: Scheich Dahan al Hadi. Die Schammar sind kriegerisch, sie stellten 1941 3000
Krieger zum Kampf gegen die in Syrien einrückenden Briten bereit. Zum Einsatz dieser
Krieger kam es nicht mehr.
Ein Zweig des Stammes lebt in der Nähe von Kaschil, Führer: Scheich Mischal ad
Sdscharba, stammesbewusst. 1920/21 zahlreiche Zusammenstöße mit Franzosen und
den kurdischen Melliyyah-Stämmen.
Ein zweiter Zweig in Gegen von Al Hsidscha und Ras al Ain. Führer: Scheich Maizar
Abdul Muchsin al Dscharba.
<…>
C.) Stämme im Irak
I.) Sesshafte Stämme:
1.) Der Stamm Dilem:
Siedlungsraum von El Karabilie (nahe der syrisch-irakischen Grenze), beiderseits des
Euphrat bis südlich Falluja. Kopfzahl: 15000, davon ungefähr 10000 bewaffnet. Führer:
Scheich Abdul Rasak Ben Sulaiman, endlandhörig, verdankt den Briten seine Stellung.
Der Stamm ist teils endlandfeindlich, teils englandhörig, erblieb während der letzten
Kämpfe neutral. Englandfeindliche Sippe: Albu Nimr. Führer: Scheich Ma’Dschil tuq’du,
hat sich mehr gegen die Briten erhoben. Englandhörige Scheichs: Aftan al Chardschi
(Bedeutendster), von den Briten mit dem Schutz von H1, T1 und von Wasserstellen
beauftragt, nachdem er gegen Ende des Krieges zu den Briten übergegangen war.
Vielleicht durch Fauzi Kautsi umzustimmen. Ferner englandhörig: die führenden Emire
Mjhem el Fatla und Of-al Azra.
<…>
2.) Der Stamm Zoba:
Er gehört zu den Unterstämmen der Schammar und bewohnt das Gebiet südwestlich
Bagdad. Kopfzahl noch nicht bekannt, wenig Waffen. Bekanntester Scheich: Far’a.
Kleiner, armer Stamm, infolge häufiger kriegerischer Auseinandersetzungen mit Briten
zeitweilig ausgewandert.
3.) Die Zobeid-Stämme:
Sie sind ein Unterstamm der Schammar, verteilen sich über den Raum um Musaiyib
ostwärts Bagdad und südlich bis Suwaira und Bughaila am Tigris, Kopfzahl: 20000,
davon die Hälfte bewaffnet. Wichtigster Scheich: Al Ansi al Ali’s. Bekannte Scheiche:
Mazher al Samrur, Abud al Dakkar, Aasi al Schuan. Der Stamm ist friedliebend und
überlässt die Kriegführung seinen Nachbarn. Er ist trotzdem bei anderen Stämmen
angesehen.
<…>
4.) Die Stämme Al Fatla:
Sie bewohnen das Gebiet von Hilla, bis zur Südgrenze des Distrikts Diwaniya. 20000 gut
ausgerüstete Männer. Führer: Scheich L Wahig al Hadsch Sukr, einflussreich. Gute
Kämpfer, freiheitsliebend, stammesbewusst, die meisten von ihnen waren reguläre
Soldaten, einige Offiziere im irakischen Heer. 1920 Aufstand gegen Briten. Mehrere
Aufstände gegen irakische Regierung.
<…>
5.) Die Stämme Rabia:
Zu ihnen gehört der Fürstenstamm Rabia. Sie bewohnen die Ufer des Tigris, grenzen
nördlich an die Zobeid-Stämme, südlich an die Benilam-Stämme (Imara). Kopfzahl:
30000. Führer: Scheich Emir Mohamed, Sitz in Kut. Reiche, friedliebende Stämme,
schliessen sich in allen wichtigen Entscheidungen an die Masse der Euphrat-Stämme
an.
<…>
6.) Der Stamm Banilam:
Er umfasst das Gebiet von Kut bis Basra, beiderseits des Tigris, einige Sippen jenseits
der iranischen Grenze, Weidegebiete bis in den Iran. Kopfzahl: 30000, davon etwa 7000
bewaffnet.
<…>
II.) Nomaden:
1.) Die Schammar-Stämme:
Die im Irak lebenden Schammar-Stämme bilden den Hauptanteil aller Schammar. Der
inzwischen verstorbene Oberscheich trieb umfangreiche Ölgeschäfte mit den Briten; sein
ihm nachfolgender Sohn ist wenig bedeutend und politisch unfähig. Die irakischen
Schammar bewohnen den Raum südlich des Djebel Sinjar (Scharqat, Mosul, Tikrit,
Sinjar). Kopfzahl: 10000, davon 6000 bewaffnet. Endlandhörig, von der irakischen
Regierung mit der Steuereinziehung beauftragt.
<…>
2.) Die Amarat-Stämme:
Sie gehören zu den Anisa-Stämmen und wohnen westlich Kerbela. Kopfzahl: 15000,
davon die Hälfte bewaffnet. Führer: Scheich Ibn Hathal, endlandhörig. Die Briten
beauftragten den Stamm mit der Bewachung der Strasse Bagdad, Rutba und der
Pumpstation H 3. Im britisch-irakischen Krieg schloss sich der Scheich zwar der
irakischen Regierung an, weigerte sich aber, gegen die Briten zu kämpfen und wurde
deshalb vorübergehen in Schutzhaft genommen.
<…>
3.) Der Stamm al Dehamsche:
Er ist ein Zweig der Amarat-Stämme und bewohnt das Gebiet südlich davon. Im Winter
wandert er nach dem Raum um Najaf, manchmal nach Syrien und Transjordanien.
Kopfzahl: 8000, davon 5000 bewaffnet. Führer: Scheich mUhamed Truki Ben Midschlad,
stammesbewusst, geniesst grosse Achtung, u.a. auch bei Ibn Saud. Verbindung zu ihm
durch Fauzi Kautsi. Der Stamm ist tapfer und endlandfeindlich. Er beteiligte sich 1925 an
den Aufständen in Syrien und kämpfte im britisch-irakischen Krieg gegen die Briten.
Ständige Feindseligkeiten mit den stets unterlegenen Amarat-Stämmen.
4.) Die Stämme Muntifik:
Sie bewohnen den Raum südlich des Diwaniya-Distrikts bis südlich Nasiriya, längs des
Euphrat: 20000 Zelte, mehr als die Hälfte der Kopfzahl bewaffnet. Die Stämme sind
tapfer und hart, sie stehen in enger Verbindung mit den Fatla-Stämmen. Ihr Gebiet ist
schwer zugänglich und umfasst zahlreiche nicht austrocknende Seen.
<…>
D) Kurden
I.) Verbreitung:
Im syrisch-irakischen Raum wohnen Kurden in den nördlichen und nordöstlichen
Landgebieten, während der überwiegende Teil in den Gebirgsgegenden der Osttürkei
und des Westiran wohnt. Siedlungsgebeit in Syrien: Raum nördlich des Euphrat bis Deir
ez Zor, im Irak: ostwärts des Tigris und nördlich der Linie Mandali-Einmündung des
kleinen Zab in den Tigris. Im Irak stellen die Kurden den stärksten geschlossenen
Stamm (400 000 – 500 000 Köpfe).
Wie die Araber teilen sie sich in sesshafte, halbnomadische und nomadische Stämme.
II. Allgemeine Beurteilung:
Die Kurden zählen zu den hochwertigeren Rassen des syrisch-irakischen Raumes. Sie
sind nordischer Abstammung, sprechen eine dem persischen verwandte
indogermanische Sprache und unterscheiden sich wesentlich von den Arabern. Tüchtige
Arbeiter, leicht erregbar, grossmütig. Sie sind freiheitsliebend, tapfer, im Gefecht rasch
entschlossen und ausdauernder als die Araber, mit denen sie die Kampfesweise und
den starken Trieb zum Beutemachen gemeinsam haben. Militärischer Disziplin fügen sie
sich ungern. Für Kämpfe ausserhalb ihrer Heimatgebietes sind sie nicht zu gewinnen.
Die Bewaffnung besteht aus türkischen, britischen und russischen Gewehren und
Maschinengewehren.
Die Stellung des Führer ist bei den einzelnen Stämmen verschieden. Bei den
Gebirgsstämmen steht er in enger Verbindung mit den Stammesangehörigen, in der
Ebene gehört er einer vollständig abgeschlossenen Kaste an. Der Kurde bleibt seinem
Stammesführer treu und folgt in jedem Falle seinem Befehl.
III. Kurdenaufstände:
Führer der kurdischen Freiheitsbewegung war in den letzten Jahrzehnten der Scheich
Mahmud von Sulaimaniya. Nachdem er 1922 irreguläre Truppen aufgestellt hatte, wurde
er 1923 von der irakischen Regierung mit Waffengewalt niedergezwungen. 1924 ein
neuer Aufstand, 1927 Unterwerfung durch die Regierung, 1930 ein weiterer Aufstand,
1927 Unterwerfung durch die Regierung, 1930 weiterer Aufstand, schwere
Guerillakämpfe in den Bergen, in denen es der Regierung nur durch Einsatz des
irakischen Heeres und der Luftwaffe gelang, die Oberhand zu gewinnen. 1931 wurde
Scheich Mahmud des Landes verwiesen. Nachdem die Briten versucht hatten, die
Kurden für ihre Zwecke einzusetzen, brach im August 1941 nach V-Meldungen,
wahrscheinlich unter Führung des zurückgekehrten Scheichs, ein Aufstand gegen die
Briten aus, weil sie ihr Versprechen, ein unabhängiges Kurdistan zu schaffen, gebrochen
hatten. Die Unruhen dauern zur Zeit an. Der von den Briten bestochene Gegner des
Scheichs Mahmud ist der Scheich Ahmed Barazani.
Wichtige Objekte im kurdischen Raum:
Die aus Türkei und Iran in den syrisch-irakischen Raum führenden, zum grossen Teil
befestigten Passtrassen und die Bagdad-Bahn.
E) Zusammenfassendes Urteil
Für Verwendung in nach europäischen Grundsätzen gegliederten und bewaffneten
Verbänden, für planmässige Gefechtsführung und für den Kampf Seite an Seite mit
europäischen Truppen sind die genannten Stämme nicht geeignet. Neuzeitlichen
Kampfmittel, wie Panzern und Flugzeugen, halten sie nicht Stand. Im Rahmen eines
deutschen Einsatzes im Mittleren Osten wird sich ihre Verwendung auf Gestellung
ortskundiger Führer in Gebirge und Wüste, auf das Binden britischer Kräfte durch
Aufstände und Überfälle im Rücken des Gegners und auf Störung und Unterbrechung
britischer und Sichern eigener rückwärtiger Verbindungen beschränken. Hierbei können
an die Drusen und Kurden höhere Anforderungen gestellt werden als an die übrigen
Stämme. <…>
Vorausetzung für die Verwendung für deutsche Zwecke ist:
1.) Eine schon jetzt einsetzende, wirksame Propaganda, die dem wachsenden britischen
Einfluss entgegenwirkt und das Ausbrechen von Aufständen mit Beginn des deutschen
Angriffs geistig vorbereitet.
2.) Das sofortige Ansetzen der Stämme durch die kämpfende Truppe für vorher zu
befehlende Aufgaben unter deutscher oder deutschgeleiteter Führung und unter
Einschalten entschlossener, hochwertiger Kämpfer (Fremdenlegionäre des
Sonderstabes „F“). Für diese Aufgaben sind die bisher durch Sonderstab „F“ erfassten
Eingeborenen nach Zahl und Güte bei weitem nicht ausreichend. Vor allem fehlen noch
Angehörige der kriegerisch brauchbaren Stämme.
3.) Das rechtzeitige Ausschalten oder u.U. gewaltsame Gewinnen endlandhöriger Führer
und Stämme. Da der Araber sich grundsätzlich zu der erfolgversprechenden Seite
schlägt, sind keine wesentlichen Schwierigkeiten zu erwarten.
4.) Die Ausstattung der Stämme mit Waffen (bei Sonderstab „F“ ausreichend
vorhanden). Diese Frage muss von Fall zu Fall entschieden werden, damit die Waffen
nicht gegen eigene Truppen verwendet werden. Primitive Gebirgsvölker mitstarkem
Freiheitswillen und geringem politischen Blick, wie die Kurden, wenden sich, wie die
jüngsten Ereignisse beweisen, gegen jede Truppe, die ihr Gebiet bedroht.
Es ist zu berücksichtigen, dass die vorliegenden Quellen über die Stämme lückenhaft
sind und in ihren Einzelangaben hauptsächlich auf einer sachlich nicht genügend
sicheren Abhandlung von Fauzi Kautsi beruhen. Die Zahlenangaben sind grobe
Schätzunngen, der Begriff der „Bewaffneten“ ist offensichtlich sehr weit gefasst.
An der zusammenfassenden Beurteilung wird sich jedoch auch nach der beabsichtigten
Ergänzung der Bearbeitung auf Grund weiterer Unterlagen nichts ändern.“
Auf diesen Unterseiten werden Auszüge aus drei Quellen zur Einschätzung
der irakischen bzw. syrischen Stämme aus deutscher Sicht im Zweiten
Weltkrieg (bzw. ex-post) geboten.
Folgende Texte werden in Auszug eingestellt: